a) Allgemeines
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit einer baulichen Maßnahme
beurteilt sich danach, ob das Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans
, innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils oder im Außenbereich
geplant ist.
b) Bebauungsplan
Der Bebauungsplan ist der verbindliche Bauleitplan. Er enthält
rechtsverbindliche Festsetzungen für die Flächen- und Grundstücksnutzung
durch die Bürger. Der Bebauungsplan wird gem. § 10 Abs.1 BauGB von der
Gemeinde als Satzung beschlossen. Er ist damit ein Ortsgesetz, aus
dem sich verbindlich Rechte und Pflichten für die betroffenen Bürger
ableiten. Der Bebauungsplan wird regelmäßig aus einem Flächennutzungsplan
entwickelt.
aa) Flächennutzungsplan
Der Flächennutzungsplan dient der Vorbereitung der verbindlichen
Bauleitplanung. Mit dem Flächennutzungsplan wird die Gemeinde angehalten,
vor der Beplanung von Teilen des Gemeindegebiets zunächst ein umfassendes
bauplanerisches Konzept in Grobstruktur für das gesamte Gemeindegebiet
aufzustellen. Der Flächennutzungsplan verhindert, dass Bebauungspläne für
einzelne Gemeindeteile erlassen werden, die inhaltlich nicht hinreichend
aufeinander abgestimmt sind. Der Flächennutzungsplan enthält gegenüber
dem Bürger grundsätzlich noch keine verbindlichen Regelungen. Ein Bauherr
kann sich daher nicht auf für ihn günstige Darstellungen eines
Flächennutzungsplans berufen.
bb) Aufstellung eines Bebauungsplans
Die Aufstellung eines Bebauungsplans erfolgt in einem mehrstufigen
Verfahren :
- Aufstellungsbeschluss;
- Ausarbeitung des Planentwurfs;
- vorgezogene Bürgerbeteiligung;
- Beteiligung der Träger öffentlicher Belange;
- Auslegungsverfahren; Bürgerbeteiligung 2.Stufe '
- Prüfung der Anregungen;
- Satzungsbeschluss;
- gegebenenfalls Genehmigungsverfahren;
- Ausfertigung und Schlussbekanntmachung.
(1) Aufstellungsbeschluss
Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans beginnt regelmäßig
mit dem Aufstellungsbeschluss. Mit ihm bekundet die Gemeinde ihre
Absicht, für den Planbereich ein Verfahren der Bebauungsplanung
einzuleiten. Der Aufstellungsbeschluss ist ortsüblich bekannt zu machen. Er
muss das vorgesehene Plangebiet hinreichend deutlich bestimmen. Für den
Bürger muss erkennbar sein, auf welches Gebiet sich der künftige
Bebauungsplan beziehen soll. Nicht erforderlich ist dagegen, dass der
Aufstellungsbeschluss bereits Aussagen über das angestrebte Planungsziel
und über Inhalte des beabsichtigten Plans (z. B. Ausweisung eines reinen
Wohngebiets) enthält.
Verfahrensfehler beim Aufstellungsbeschluss sind für das
Bebauungsplanverfahren unbeachtlich; sie führen - ebenso wie ein gänzlich
fehlender Aufstellungsbeschluss -nicht zur Nichtigkeit des späteren
Bebauungsplans. Die Rechtmäßigkeit eines Aufstellungsbeschlusses ist
jedoch Voraussetzung z. B. für die Wirksamkeit einer Veränderungssperre
oder der Zurückstellung von Baugesuchen.
(2) Ausarbeitung des Planentwurfs
Dem Aufstellungsbeschluss folgt die eigentliche Ausarbeitung des
Planentwurfs. Die Gemeinde kann den Planentwurf durch ihre eigene
Verwaltung erarbeiten lassen oder ein Planungsbüro beauftragen. Der
Planentwurf ist zu begründen. Die Begründung dient der Unterrichtung der
Bürger über die Planungsabsichten der Gemeinde.
(3) Vorgezogene Bürgerbeteiligung
Das BauGB sieht ein zweistufiges Verfahren zu Beteiligung der Bürger an
der Bauleitplanung vor, und zwar die vorgezogene Bürgerbeteiligung
und die spätere öffentliche Auslegung des Planentwurfs . Die Einbeziehung
der Bürger in das Planaufstellungsverfahren stellt ein Plan vorbereitendes
und Plan begleitendes Instrument dar, das neben der Beschaffung und
Vervollständigung der zur Planung notwendigen Informationen auch der
Einbeziehung der Bürger in den politischen Entscheidungsprozess dient und
ihnen die Möglichkeit geben soll, frühzeitig ihre Interessen und Rechte
geltend zu machen. Die nähere Ausgestaltung der vorgezogenen
Bürgerbeteiligung regelt die Gemeinde. Als Maßnahmen kommen insbesondere
in Betracht :
- Auslegung des Planentwurfs mit Erläuterungen in der Behörde;
-
Durchführung von Bürgerversammlungen mit Vorstellung der Planung und
anschließender Erörterung;
- Unterrichtung durch Veröffentlichung im
Amtsblatt oder Aushang und
Gelegenheit zur Erörterung in der Behörde.
Verfahrensfehler bei
der vorgezogenen Bürgerbeteiligung sind unbeachtlich. Sie haben auf die
Wirksamkeit des späteren Bebauungsplans keinen Einfluss.
(4) Beteiligung der Träger öffentlicher Belange
Neben der verfahrensmäßigen Beteiligung der Bürger bei der
Planaufstellung fordert das BauGB eine Beteiligung der sog. Träger
öffentlicher Belange. Hierbei handelt es sich um Behörden und sonstige
öffentliche Stellen, deren Aufgabenbereich durch die Planung berührt
werden kann. So sind regelmäßig der Landkreis, das Gewerbeaufsichtsamt,
Naturschutz-, Denkmalschutz- und Wasserschutzämter, das Straßenbauamt und
die Nachbargemeinden zu beteiligen. Aus den Stellungnahmen der Träger
öffentlicher Belange ergibt sich für die planende Gemeinde, welche
öffentlichen Belange des jeweiligen Trägers dem Planungsvorhaben
entgegenstehen könnten. Beteiligung bedeutet, dass den Trägern
öffentlicher Belange Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist; nicht
erforderlich ist, dass die Träger öffentlicher Belange der Planung
zustimmen.
Ein unbeachtlicher Verfahrensfehler liegt dann vor, wenn einzelne
Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt werden. Werden die Träger
öffentlicher Belange dagegen überhaupt nicht beteiligt, liegt ein
beachtlicher Verfahrensfehler vor, der innerhalb eines Jahres gerügt werden
kann.
(5) Auslegungsverfahren; Bürgerbeteiligung
2.Stufe
Nach Auswertung der im bisherigen Verfahren erkennbar gewordenen privaten
und öffentlichen Belange beschließt die Gemeinde den Planentwurf. Hieran
schließt sich das Auslegungsverfahren und damit die eigentliche
Bürgerbeteiligung an. Der Planentwurf muss mit dem Erläuterungsbericht
einen Monat lang öffentlich ausgelegt werden. Ziel des
Auslegungsverfahren ist es, den von der Planung betroffenen Bürgern die
Möglichkeit zu geben, sich über den Inhalt des Planentwurfs zu
informieren, um danach die Entscheidung treffen zu können, ob und
gegebenenfalls welche Anregungen und Einwände Sie erheben wollen. Die
auszulegenden Unterlagen müssen vollständig, sichtbar, griffbereit und als
zusammengehörig erkennbar ausgelegt werden. Öffentliche Zugänglichkeit
ist nur dann gewährleistet, wenn jedermann leicht und ohne unzumutbare
Schwierigkeiten in die Unterlagen Einblick nehmen kann. Die Auslegungsdauer
beträgt einen Monat. Bei der Fristberechnung ist der erste Tag der
Auslegung mit zu zählen. Ort unter Dauer der Auslegung sind mindestens
einer Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen. Die Bekanntmachung muss
neben Angaben über den Ort der Auslegung die Dauer der Auslegung
einschließlich Beginn und Ende der Öffnungszeiten sowie den Hinweis
enthalten, dass während des Auslegungszeitraums Anregungen vorgebracht
werden können.
Fehler im Auslegungsverfahren sind beachtlich, wenn sie innerhalb
Jahresfrist schriftlich gegenüber der Gemeinde geltend gemacht werden.
(6) Prüfung der Anregungen
Die Gemeinde hat zu prüfen, ob die fristgemäß vorgebrachten Anregungen
in dem Plan Berücksichtigung finden sollen. Das Ergebnis der Prüfung ist
dem Einwender schriftlich mitzuteilen. In Massenverfahren (mehr als 50
Personen) kann die Mitteilung durch den Hinweis auf die Auslegung des
Ergebnisses ersetzt werden. Will die Gemeinde die vorgebrachten Anregungen
berücksichtigen, ist der Planentwurf entsprechend zu ändern. Anschließend
muss der geänderte Planentwurf grundsätzlich neu ausgelegt werden. Die
Gemeinde kann jedoch bestimmen, dass nunmehr Anregungen nur noch zu den
geänderten oder ergänzten Teilen vorgebracht werden können. Die
Auslegungsfrist kann bis auf zwei Wochen verkürzt werden. Greift die
Gemeinde die Anregungen nicht auf und handelt es sich ausnahmsweise um einen
genehmigungspflichtigen Bebauungsplan - dies ist nur dann der Fall, wenn der
Bebauungsplan nicht aus einem Flächennutzungsplan entwickelt wurde - so hat
die Gemeinde die nicht berücksichtigten Anregungen mit einer eigenen
Stellungnahme und zusammen mit dem beschlossenen Bebauungsplan der höheren
Verwaltungsbehörde vorzulegen.
Ein Verstoß gegen die Vorlagepflicht ist jedoch unbeachtlich und
führt nicht zur Nichtigkeit des Bebauungsplans.
(7) Satzungsbeschluss
Ist das Auslegungsverfahren einschließlich Prüfung der Anregungen
abgeschlossen, wird der Bebauungsplan von der Gemeinde als Satzung
beschlossen. Mit diesem Satzungsbeschluss findet das gemeindliche
Planaufstellungsverfahren seinen vorläufigen Abschluss. Der Planentwurf
wird zu einem Gemeindegesetz, dessen Wirksamkeit allerdings noch von der
ggf. erforderlichen Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde, von der
Ausfertigung sowie der Schlussbekanntmachung abhängig ist.
Das bei der Beschlussfassung zu beachtenden Verfahren richtet sich
nach der Gemeindeordnung. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob
Mitglieder der Gemeindevertretung an der Beschlussfassung mitwirken dürfen
oder aber wegen einer Interessenkollision befangen und damit
ausgeschlossen sind. Ein Ausschlussgrund liegt insbesondere dann vor, wenn
ein Ratsmitglied im Geltungsbereich eines künftigen Bebauungsplans
Grundbesitz hat.
Ein Satzungsbeschluss, bei dem eine befangenes
Gemeinderatsmitglied mitgewirkt hat, ist grundsätzlich unwirksam.
Dies gilt jedoch nur, wenn der Beschluss innerhalb von drei Monaten vom
Bürgermeister ausgesetzt oder von der Aufsichtsbehörde beanstandet wird.
(8) Genehmigungsverfahren
Ein Genehmigungsverfahren ist ausnahmsweise dann durchzuführen, wenn ein
Bebauungsplan nicht aus einem wirksamen Flächennutzungsplan abgeleitet
worden ist. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens prüft die höhere
Verwaltungsbehörde den Bebauungsplan umfassend auf seine Rechtmäßigkeit.
Ist der genehmigungspflichtige Bebauungsplan rechtlich einwandfrei, hat die
höhere Verwaltungsbehörde die Genehmigung zu erteilen. Fragen der
Zweckmäßigkeit spielen keine Rolle. So darf die Verwaltungsbehörde einen
Bebauungsplan, der eine zulässige Lösung der Planungsaufgabe enthält,
nicht deshalb ablehnen, weil sie einer anderen, ebenfalls zulässigen
Lösung den Vorzug geben würde.
(9) Ausfertigung und Schlussbekanntmachung
Der so weit fertig gestellte Bebauungsplan bedarf zu seiner Wirksamkeit
nunmehr noch der Ausfertigung und Schlussbekanntmachung. Die Ausfertigung
erfolgt durch den Bürgermeister, sie muss zeitlich nach dem
Satzungsbeschluss, aber vor der Schlussbekanntmachung erfolgen.
Anschließend ist der Bebauungsplan durch die Gemeinde ortsüblich bekannt
zu machen. Durch diese Schlussbekanntmachung wird dem betroffenen Bürger
deutlich gemacht, dass für sein Grundstück eine neue bodenrechtliche
Regelung in Kraft getreten ist und dass er sich über deren Inhalt bei der
auslegenden Stelle informieren kann.
cc) Einfacher und qualifizierter Bebauungsplan
Ist ein wirksamer Bebauungsplan vorhanden, richtet sich die Zulässigkeit
eines Bauvorhabens ganz oder teilweise danach, welche Regelungen dieser
Bebauungsplan vorsieht. Handelt es sich um einen qualifizierten
Bebauungsplan, ist das Bauvorhaben allein an ihm zu messen. Handelt es
sich um einen einfachen Bebauungsplan, sind zusätzlich die
Vorschriften des Baugesetzbuchs über die Zulässigkeit von Vorhaben
innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile bzw. über die
Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich zu beachteten. Ein
Bebauungsplan ist dann ein qualifizierter Bebauungsplan, wenn er
Festsetzungen enthält über
- die Art der baulichen Nutzung;
- das Maß der baulichen Nutzung;
- die überbaubaren Grundstücksflächen und - die öffentlichen
Verkehrsflächen.
dd) Sicherung und Verwirklichung der Bauleitplanung
Zur Sicherung und Verwirklichung der Bauleitplanung sowohl im
Vorbereitungsstadium als auch nach ihrem Abschluss enthält das
Baugesetzbuch verschiedene Plan sichernde Instrumente. Hierzu zählen:
- die Veränderungssperre;
- die Zurückstellung von Baugesuchen;
- die Teilungsgenehmigung und
- die gemeindlichen Vorkaufsrechte.
Die Veränderungssperre und die Zurückstellung von Baugesuchen
stellen reine Sicherungsinstrumente für den Zeitraum der Planaufstellung
dar. Zweck dieser Sicherungsmaßnahmen ist es, vorhandene planerische Ziele
zu sichern und deren weitere Verwirklichung zu ermöglichen. Durch ihre Sperrwirkung
unterbinden Sie für einen begrenzten Zeitraum Baumaßnahmen. Die Teilungsgenehmigung
ermöglicht es der Gemeinde, unerwünschte Grundstücksteilungen zu
verhindern. Die gemeindlichen Vorkaufsrechte dienen neben der
Sicherung der Bauleitplanung auch bereits der Durchführung des Plans. Sie
bieten der Gemeinde die Möglichkeit, Grundstücke ohne Enteignung zur
Sicherung und Verwirklichung planerischer Entwicklungs- und Ordnungsziele zu
erwerben.
ee) Gerichtliche Kontrolle des Bebauungsplans
Die Rechtmäßigkeit eines Bebauungsplans kann inzident, etwa im
Rahmen einer Anfechtungsklage gegen eine Baugenehmigung, oder im Rahmen
eines Normenkontrollverfahrens überprüft werden. Im Normenkontrollverfahren
wird der Bebauungsplan auf seine Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht
geprüft, also insbesondere darauf, ob er in verfahrensrechtlicher und
materieller Hinsicht im Einklang mit dem Baugesetzbuch steht. Darüber
hinaus wird die Einhaltung landesrechtlicher Verfahrens- und
Formvorschriften (z.B. die Ausschlussvorschriften der Gemeindeordnung)
kontrolliert. Antragsbefugt ist jede natürliche und juristische
Person, die geltend machen kann, durch den Bebauungsplan in ihren Rechten
verletzt zu sein. Der Antrag ist innerhalb einer Frist von zwei Jahren
seit Bekanntmachung des Bebauungsplans zu stellen. Zuständiges Gericht ist
das Oberverwaltungsgericht. Der Antragsteller muss durch einen
Rechtsanwalt vertreten sein (Anwaltszwang).
c) Vorhaben innerhalb bebauter Ortsteile
(Innenbereich)
Existiert kein Bebauungsplan, befindet sich ein Vorhaben aber innerhalb
eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, richtet sich seine
bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach § 34 Baugesetzbuch (BauGB). Danach
ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen
Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden
soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die
Erschließung gesichert ist. Außerdem müssen die Anforderungen an gesunde
Wohn -und Arbeitsverhältnisse gewahrt werden, und es darf das Ortsbild
nicht beeinträchtigt werden. Ein Vorhaben fügt sich dann ein, wenn es
seiner Umgebung entspricht. Erforderlich ist jedoch keine strikte
Einheitlichkeit, sondern bodenrechtliche Harmonie. Ein Vorhaben fügt sich
deshalb dann nicht ein, wenn es im Verhältnis zu seiner Umgebung
bodenrechtlich beachtliche Spannungen begründet oder erhöht. Entspricht
die Eigenart der näheren Umgebung des Baugrundstücks einem der
Baugebietstypen der Baunutzungsverordnung (BauNVO), so beurteilt sich
die Zulässigkeit des Vorhabens vereinfacht danach, ob es nach der BauNVO in
dem Baugebiet zulässig wäre.
d) Vorhaben im Außenbereich
Zum Außenbereich zählen sämtliche Flächen, die weder im räumlichen
Geltungsbereich eines Bebauungsplans noch innerhalb der im Zusammenhang
bebauten Ortsteile liegen. Nach der Konzeption des Baugesetzbuchs soll der
Außenbereich von Bebauung freigehalten werden, so weit diese nicht ihrem
Wesen nach in den Außenbereich gehört. Der Gesetzgeber differenziert
hierbei zwischen privilegierten, sonstigen und begünstigten
Vorhaben. § 35 Abs. 1 Baugesetzbuch zählt eine Reihe von Vorhaben auf, die
typischerweise in den Außenbereich gehören und deshalb dort privilegiert
sind. Stehen öffentliche Belange nicht entgegen und ist eine ausreichende
Erschließung gesichert, so sind im Außenbereich z. B. land- und
forstwirtschaftlichen Betriebe, Gartenbaubetriebe, öffentliche
Versorgungsunternehmen und Windenergieanlagen zulässig. Sonstige
Vorhaben können im Einzelfall nach § 35 Abs. 2 BauGB zugelassen
werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht
beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist. Eine Beeinträchtigung
öffentliche Belange und damit eine Unzulässigkeit des Vorhabens liegt
insbesondere dann vor, wenn das Vorhaben dem Flächennutzungsplan
widerspricht, schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder die
Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten
lässt. Unter dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes werden in § 35 Abs. 4
BauGB weiterhin Vorhaben begünstigt, die der Änderung der bisherigen
Nutzung eines Gebäudes unter wesentlicher Erhaltung der bisherigen
Bausubstanz dienen. Auch eine Neuerrichtung eines Wohngebäudes ist
unter der Voraussetzung zulässig, dass das vorhandene Gebäude
zulässigerweise errichtet worden ist, Missstände oder Mängel aufweist,
vom Eigentümer selbst genutzt wird und der Neubau dem Eigenbedarf des
Eigentümers dient.
a) Allgemeines
Neben dem Bauplanungsrecht hat der Bauherr das Bauordnungsrecht zu
beachten. Das Bauordnungsrecht ist als Landesrecht im Wesentlichen in den Landesbauordnungen
geregelt. Im Folgenden wird beispielhaft auf die Landesbauordnung von
Rheinland-Pfalz verwiesen. Das Bauordnungsrecht enthält materielle und
verfahrensrechtliche Regelungen. Vorschriften des materiellen
Bauordnungsrechts enthalten Anforderungen an das einzelne Baugrundstück
sowie an die Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und den Abbruch
baulicher Anlagen unter ordnungsrechtlichen Gesichtspunkten. Die Regelungen
bezwecken die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, dienen also
der Abwehr von Gefahren, die sich im Zusammenhang mit Baumaßnahmen ergeben
oder typischerweise von Bauwerken ausgehen. Im verfahrensrechtlichen Teil
des Bauordnungsrecht sind Regelungen enthalten, die die
Bauaufsichtsbehörde in die Lage versetzen, die Einhaltung der bauplanungs-
und bauordnungsrechtlichen Vorschriften zu überwachen. Hierzu zählen in
erster Linie die Vorschriften über das Baugenehmigungsverfahren sowie die
bauordnungsrechtlichen Eingriffsermächtigungen.
b) Materielle Regelungen
Die Landesbauordnungen enthalten eine Vielzahl von materiellen
Vorschriften, die aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
Anforderungen an das Grundstück und seine Bebauung normieren. Darüber
hinaus finden sich im materiellen Bauordnungsrecht Vorschriften, die der
Vermeidung von Verunstaltungen dienen. Schließlich enthalten die
Landesbauordnungen Regelungen, die soziale und ökologische Standards
festlegen. Praktisch bedeutsam sind in diesem Zusammenhang u. a. Regelungen
über Abstandsflächen (§§ 8,9 LBauO), Stellplätze und Garagen (§ 47
LBauO), Gestaltungsvorschriften (§§ 5 LBauO) und Vorschriften über die
Berücksichtigung sozialer und ökologischer Belange (§ 4 LBauO).
c) Verfahrensrecht
Neben dem materiellen Bauordnungsrecht enthalten die Landesbauordnungen
verfahrensrechtliche Regelungen. Sie sehen vor allem ein Baugenehmigungsverfahren
zur präventiven Kontrolle bestimmter Bauvorhaben, daneben ein Baufreistellung-
bzw. Anzeigeverfahren für Wohnbauvorhaben vor. Weiterhin räumen sie
der Bauaufsichtsbehörde Eingriffsbefugnisse gegen baurechtswidrige
Zustände ein.
aa) Baugenehmigung
(1) Wann ist eine Baugenehmigung erforderlich ?
Die Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und der Abbruch einer baulichen
Anlage sind nach den Landesbauordnungen grundsätzlich
genehmigungspflichtig (§ 61 LBauO), es sei denn, es handelt sich um ein
genehmigungsfreies Vorhaben. Genehmigungsfrei sind baulicher Anlagen
von geringen Abmessungen und geringem Gefährdungspotenzial (z. B. Gebäude
bis zu 50 qm ohne Aufenthaltsräume- im Außenbereich bis zu 10 qm-,
Toiletten und Feuerstätten, Gartenlauben in Dauerkleingärten,
Gewächshäuser für den Erwerbsgartenbau bis zu 5 m Firsthöhe,
Parabolantennen, so weit sie sich nicht an oder in der Nähe von
Kulturdenkmälern befinden). Sie sind in § 62 LBauO im Einzelnen
aufgeführt. Ist eine Genehmigung erforderlich, findet entweder ein
ordentliches oder ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren statt. Im vereinfachten
Genehmigungsverfahren gem. § 66 LBauO sind z. B. Wohngebäudes der
Gebäudeklassen 1-3 und landwirtschaftliche Betriebsgebäude mit nicht mehr
als zwei Geschossen grundsätzlich innerhalb eines Monats zu genehmigen.
Erfolgt die Genehmigung nicht innerhalb dieser Frist, gilt sie als erteilt.
Befinden sich Bauvorhaben, auf die das vereinfachten Genehmigungsverfahren
Anwendung findet, in Geltungsbereich eines Bebauungsplans, ist keine
Genehmigung, sondern lediglich ein Freistellungsverfahren
erforderlich (§ 67 LBauO). Hiernach darf mit einem entsprechenden
Bauvorhaben grundsätzlich einen Monat nach Vorlage der erforderlichen
Bauunterlagen bei der Gemeindeverwaltung begonnen werden, falls nicht die
Gemeinde erklärt, dass ein Genehmigungsverfahren durchgeführt werden
soll.
(2) Baugenehmigungsverfahren
Für ein genehmigungspflichtiges Vorhaben benötigt der Bauherr eine Baugenehmigung.
Diese ist bei der Gemeinde- bzw. Verbandsgemeindeverwaltung zu
beantragen. Mit dem Antrag sind alle für die Beurteilung des Vorhabens
erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen. Üblicherweise handelt
es sich hierbei um einen Übersichtsplan, Lageplan, Bauzeichnungen,
Baubeschreibung, bautechnische Nachweise und Berechnungen des umbauten
Raums. Der Bauantrag ist vom Bauherrn und vom Entwurfsverfasser (z.B.
Architekt, Bauingenieur), die Bauvorlagen sind nur vom Entwurfsverfasser zu
unterzeichnen. Die Gemeindeverwaltung leitet den Bauantrag mit einer eigenen
Stellungnahme an die Bauaufsichtsbehörde (Stadt- bzw.
Kreisverwaltung) weiter. Nach dem BauGB hat die Bauaufsichtsbehörde im Einvernehmen
mit der Gemeinde zu entscheiden. Ist ein Vorhaben bauplanungsrechtlich
zulässig, hat die Gemeinde ihr Einvernehmen zu erklären; Ermessen steht
ihr nicht zu. Eine Verweigerung des Einvernehmens aus bauordnungsrechtlichen
oder sonstigen Gründen ist unzulässig. Reagiert die Gemeinde innerhalb von
zwei Monaten nicht, gilt das Einvernehmen als erteilt. Soll bei der
Durchführung des Vorhabens von gesetzlichen Bestimmungen, die auch dem
Schutz nachbarlicher Interessen dienen, abgewichen werden, so hat der
Bauherr die Zustimmung der Nachbarn (Eigentümer der angrenzenden
Grundstücke) einzuholen. Wird sie nicht erteilt und beabsichtigt die
Bauaufsichtsbehörde, Abweichungen zuzulassen, hat sie dies den Nachbarn
mitzuteilen, Akteneinsicht zu gewähren und ggf. Einwendungen der Nachbarn
entgegenzunehmen. Stehen dem Vorhaben öffentlich-rechtliche
Vorschriften nicht entgegen, ist die Baugenehmigung zu erteilen. Ist ein
Bauantrag eingereicht, kann der Beginn der Bauarbeiten für die Baugrube und
für einzelne Teile oder Bauabschnitte eines Vorhabens (z.B. Gründung,
Untergeschoss, Rohbau) auf schriftlichen Antrag bereits vor Erteilung der
abschließenden Baugenehmigung im Wege der Teilbaugenehmigung
genehmigt werden.
bb) Bauvoranfrage
Vor Stellung eines Bauantrags kann der Bauherr zur Klärung einzelner
Fragen des Vorhabens einen Bauvorbescheid beantragen. Der Bauvorbescheid
kann zu Fragen des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts sowie zu sonstigen
öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingeholt werden. Der Bauvorbescheid
gilt längstens zwei Jahre. Mit Erlass des Bauvorbescheids entfaltet dieser
seine Bindungswirkung, d.h. im Rahmen eines nachfolgenden
Baugenehmigungsverfahrens ist die Genehmigungsbehörde an den Bauvorbescheid
gebunden. Dies gilt selbst dann, wenn sich zwischenzeitlich die Rechtslage
geändert haben sollte. Allerdings hat die Genehmigungsbehörde in diesem
Fall die Möglichkeit des Widerrufs nach VwVfG; dem Bauherrn steht dann ein
Ausgleichsanspruch zu.
cc) Repressive Eingriffsbefugnisse
Verstößt eine bauliche Anlage gegen öffentlich-rechtliche
Vorschriften, stehen der Bauaufsichtsbehörde folgende
Eingriffsmöglichkeiten zur Verfügung, um repressiv hiergegen vorzugehen :
- Baueinstellung,
- Benutzungsuntersagung,
- Beseitigungsanordnung und
- Abbruch verfallender baulicher Anlagen
4.
Baurechtlicher Nachbarschutz
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a) Allgemeines
Bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen
Anlagen entstehen Rechtsbeziehungen nicht nur zwischen dem Bauherrn und der
Genehmigungsbehörde, sondern auch zu den Grundstücksnachbarn. Diese
Rechtsbeziehungen können sowohl zivilrechtlicher als auch
öffentlich-rechtlicher Art sein. Zivilrechtlich sind diese
Rechtsbeziehungen sowohl im Bürgerlichen Gesetzbuch als auch in den
Nachbarrechtsgesetzen der Länder geregelt. Dort finden sich z. B.
Vorschriften für den Fall eines drohenden Gebäudeeinsturzes, eines
Überbaus, Regelungen zur Nachbar- und Grenzwand, zum Hochführen von
Schornsteinen, Lüftungsschächten und Antennenanlagen, zum Fenster- und
Lichtrecht sowie zum Ableiten von Niederschlagswasser. Auf der Ebene des
Zivilrechts haben sich die Nachbarn unmittelbar miteinander auseinander zu
setzen. Rechtsstreitigkeiten werden vor den Zivilgerichten ausgetragen. Im öffentlich-rechtlichen
Baurecht entstehen Problemstellungen des Nachbarrechts immer dann, wenn
Nachbarn Abwehrrechte gegen Baugenehmigungen für angrenzende Grundstücke
geltend machen oder ein Einschreiten zur Beseitigung eines baurechtswidrigen
Zustands herbeiführen wollen. Auf der Ebene des öffentlichen Baurechts
werden Konflikte im Verhältnis zur Baugenehmigungsbehörde ausgetragen und
gerichtlich von den Verwaltungsgerichten entschieden. Der Nachbar hat einen
Anspruch gegen die Baugenehmigungsbehörde auf Versagung einer beantragten
Baugenehmigung des Bauherrn bzw. auf Einschreiten zur Beseitigung eines
baurechtswidrigen Zustands, wenn Vorschriften, die auch seinem Schutz
dienen, verletzt werden. Kernfrage des öffentlich-rechtlichen
Baunachbarrecht ist dementsprechend, welche Vorschriften des materiellen
Baurechts nachbarschützend sind.
b) Nachbarschützende Vorschriften des
Bauplanungsrechts
Im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans sind alle
Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung nachbarschützend.
Nachbarn können sich daher grundsätzlich gegen die Genehmigung von
Vorhaben wenden, die nach der Art der baulichen Nutzung in dem jeweiligen
Baugebiet nicht zulässig sind. Dies gilt unabhängig davon, ob das
baurechtswidrige Vorhaben im Einzelfall zu einer tatsächlichen
Beeinträchtigung eines Nachbarn führt. Demgegenüber begründen
Festsetzungen im Bebauungsplan über das Maß der baulichen Nutzung
(Grundstücksflächen-, Geschossflächen- und Baumassenzahlen) nur in
besonderen Ausnahmefällen Nachbarschutz. Unter engen Voraussetzungen
können dem Nachbarn auch Abwehransprüche gegen solche Vorhaben zustehen,
die den Festsetzungen des Bebauungsplans entsprechen und daher an sich
zulässig sind. In diesen Fällen kann sich der Nachbarschutz aus dem in §
15 Abs. 1 BauNVO verankerten Gebot der Rücksichtnahme ergeben.
Existiert kein Bebauungsplan, befindet sich ein Vorhaben aber innerhalb
eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (Innenbereich), richtet sich
seine bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach § 34 BauGB. Nach § 34 Abs.
1 BauGB ist ein Vorhaben dann zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der
baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut
werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Diese
Vorschrift entfaltet im Einzelfall nur dann nachbarschützende Wirkung, wenn
ein Vorhaben zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung führt. Kleinere
Abweichungen von der in der Umgebung vorhandenen Bebauung müssen dagegen
hingenommen werden. Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung des
Baugrundstücks dagegen einem der Baugebietstypen der BauNVO, so begründet
eine Abweichung von der Art der baulichen Nutzung nachbarschützende
Wirkung. Auch die die Bebauung im Außenbereich regelnde Vorschrift
des § 35 BauGB entfaltet grundsätzlich keine nachbarschützende Wirkung.
Ausnahmen ergeben sich über das Gebot der Rücksichtnahme aber u. U. dann,
wenn sich ein Bauvorhaben in besonders rücksichtsloser Weise über die
Belange des Nachbarn hinwegsetzt oder ein bestehendes privilegiertes
Vorhaben durch die Zulassung eines anderen privilegierten oder
nicht-privilegierten Vorhabens gefährdet wird.
c) Nachbarschützende Vorschriften des
Bauordnungsrechts
Die bauordnungsrechtlichen Vorschriften über Abstandsflächen (§
8 LBauO) sind grundsätzlich nachbarschützend, da ihr Zweck auch darin
besteht, die Belichtung des Nachbargrundstücks und das notwendige Maß an
Wohnruhe zu gewährleisten. Dagegen werden Stellplatzvorschriften nur
dann als nachbarschützend anerkannt, wenn in den Landesbauordnungen
zusätzlich vorgeschrieben wird, dass von Stellplätzen keine erhebliche
Belästigung der Nachbarschaft ausgehen darf.
d) Rechtsschutzmöglichkeiten des Nachbarn
aa) Allgemeines
Bauvorhaben, die gegen nachbarschützende Vorschriften verstoßen,
müssen vom Nachbarn nicht hingenommen werden. Sie können vielmehr-
notfalls auch unter Inanspruchnahme der Verwaltungsgerichte- abgewehrt
werden. Rechtsschutz benötigt der Nachbar hauptsächlich in folgenden
Fallkonstellationen: