Baurecht
Baugenehmigung, Bauplanungs- und Bauordnungsrecht, Nachbarschutz
1. Einführung
2. Bauplanungsrecht
a) Allgemeines
b) Bebauungsplan
aa) Flächennutzungsplan
bb) Aufstellung eine Bebauungsplans
(1) Aufstellungsbeschluss
(2) Ausarbeitung des Planentwurfs
(3) Vorgezogene Bürgerbeteiligung
(4) Beteiligung der Träger öffentlicher Belange
(5) Auslegungsverfahren; Bürgerbeteiligung 2.Stufe
(6) Prüfung der Anregungen
(7) Satzungsbeschluss
(8) Genehmigungsverfahren
(9) Ausfertigung und Schlussbekanntmachung
cc) Einfacher und qualifizierter Bebauungsplan
dd) Sicherung und Verwirklichung der Bauleitplanung
ee) Gerichtliche Kontrolle des Bebauungsplans
c) Vorhaben innerhalb bebauter Ortsteile (Innenbereich)
d) Vorhaben im Außenbereich
3. Bauordnungsrecht
a) Allgemeines
b) Materielle Regelungen
c) Verfahrensrecht
aa) Baugenehmigung
(1) Wann ist eine Baugenehmigung erforderlich ?
(2) Baugenehmigungsverfahren
bb) Bauvoranfrage
cc) Repressive Eingriffsbefugnisse
4. Baurechtlicher Nachbarschutz
a) Allgemeines
b) Nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts
c) Nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts
d) Rechtsschutzmöglichkeiten des Nachbarn
aa) Allgemeines
bb) Rechtssschutz gegen Baugenehmigungen
cc) Rechtsschutz gegen Genehmigungen im vereinfachten Verfahren
dd) Rechtsschutz gegen freigestellte Vorhaben
ee) Rechtsschutz gegen Schwarzbauten
ff) Vorläufiger Rechtsschutz

1. Einführung

Vor Beginn jeder baulichen Maßnahme hat sich der Bauherr zu vergewissern, ob sein Vorhaben baurechtlich zulässig ist und ob er hierfür einer Genehmigung der Baubehörde bedarf. Diese Überlegungen sind unabhängig von Größe und Umfang des Bauprojekts anzustellen, also nicht nur beim Hausbau, sondern auch beim Bau von Garagen, der Errichtung von Mauern und Stellplätzen, der Einrichtung von Antennenanlagen usw. Ein Bauvorhaben ist immer dann baurechtlich zulässig, wenn es dem Bauplanungsrecht (z.B. den Vorgaben eines Bebauungsplans) und dem Bauordnungsrecht (z.B. den Vorschriften zum Grenzabstand) entspricht und eine behördliche Genehmigung entweder erteilt wurde oder nicht erforderlich ist. Berührt ein Bauvorhaben die Interessen von Grundstücksnachbarn, sind regelmäßig Fragen des baurechtlichen Nachbarschutzes zu klären.

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2. Bauplanungsrecht

a) Allgemeines

Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit einer baulichen Maßnahme beurteilt sich danach, ob das Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans , innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils oder im Außenbereich geplant ist.

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b) Bebauungsplan

Der Bebauungsplan ist der verbindliche Bauleitplan. Er enthält rechtsverbindliche Festsetzungen für die Flächen- und Grundstücksnutzung durch die Bürger. Der Bebauungsplan wird gem. § 10 Abs.1 BauGB von der Gemeinde als Satzung beschlossen. Er ist damit ein Ortsgesetz, aus dem sich verbindlich Rechte und Pflichten für die betroffenen Bürger ableiten. Der Bebauungsplan wird regelmäßig aus einem Flächennutzungsplan entwickelt.

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aa) Flächennutzungsplan

Der Flächennutzungsplan dient der Vorbereitung der verbindlichen Bauleitplanung. Mit dem Flächennutzungsplan wird die Gemeinde angehalten, vor der Beplanung von Teilen des Gemeindegebiets zunächst ein umfassendes bauplanerisches Konzept in Grobstruktur für das gesamte Gemeindegebiet aufzustellen. Der Flächennutzungsplan verhindert, dass Bebauungspläne für einzelne Gemeindeteile erlassen werden, die inhaltlich nicht hinreichend aufeinander abgestimmt sind. Der Flächennutzungsplan enthält gegenüber dem Bürger grundsätzlich noch keine verbindlichen Regelungen. Ein Bauherr kann sich daher nicht auf für ihn günstige Darstellungen eines Flächennutzungsplans berufen.

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bb) Aufstellung eines Bebauungsplans

Die Aufstellung eines Bebauungsplans erfolgt in einem mehrstufigen Verfahren :

- Aufstellungsbeschluss;
- Ausarbeitung des Planentwurfs;
- vorgezogene Bürgerbeteiligung;
- Beteiligung der Träger öffentlicher Belange;
- Auslegungsverfahren; Bürgerbeteiligung 2.Stufe '
- Prüfung der Anregungen;
- Satzungsbeschluss;
- gegebenenfalls Genehmigungsverfahren;
- Ausfertigung und Schlussbekanntmachung.

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(1) Aufstellungsbeschluss

Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans beginnt regelmäßig mit dem Aufstellungsbeschluss. Mit ihm bekundet die Gemeinde ihre Absicht, für den Planbereich ein Verfahren der Bebauungsplanung einzuleiten. Der Aufstellungsbeschluss ist ortsüblich bekannt zu machen. Er muss das vorgesehene Plangebiet hinreichend deutlich bestimmen. Für den Bürger muss erkennbar sein, auf welches Gebiet sich der künftige Bebauungsplan beziehen soll. Nicht erforderlich ist dagegen, dass der Aufstellungsbeschluss bereits Aussagen über das angestrebte Planungsziel und über Inhalte des beabsichtigten Plans (z. B. Ausweisung eines reinen Wohngebiets) enthält.

Verfahrensfehler beim Aufstellungsbeschluss sind für das Bebauungsplanverfahren unbeachtlich; sie führen - ebenso wie ein gänzlich fehlender Aufstellungsbeschluss -nicht zur Nichtigkeit des späteren Bebauungsplans. Die Rechtmäßigkeit eines Aufstellungsbeschlusses ist jedoch Voraussetzung z. B. für die Wirksamkeit einer Veränderungssperre oder der Zurückstellung von Baugesuchen.

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(2) Ausarbeitung des Planentwurfs

Dem Aufstellungsbeschluss folgt die eigentliche Ausarbeitung des Planentwurfs. Die Gemeinde kann den Planentwurf durch ihre eigene Verwaltung erarbeiten lassen oder ein Planungsbüro beauftragen. Der Planentwurf ist zu begründen. Die Begründung dient der Unterrichtung der Bürger über die Planungsabsichten der Gemeinde.

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(3) Vorgezogene Bürgerbeteiligung

Das BauGB sieht ein zweistufiges Verfahren zu Beteiligung der Bürger an der Bauleitplanung vor, und zwar die vorgezogene Bürgerbeteiligung und die spätere öffentliche Auslegung des Planentwurfs . Die Einbeziehung der Bürger in das Planaufstellungsverfahren stellt ein Plan vorbereitendes und Plan begleitendes Instrument dar, das neben der Beschaffung und Vervollständigung der zur Planung notwendigen Informationen auch der Einbeziehung der Bürger in den politischen Entscheidungsprozess dient und ihnen die Möglichkeit geben soll, frühzeitig ihre Interessen und Rechte geltend zu machen. Die nähere Ausgestaltung der vorgezogenen Bürgerbeteiligung regelt die Gemeinde. Als Maßnahmen kommen insbesondere in Betracht :

- Auslegung des Planentwurfs mit Erläuterungen in der Behörde;
- Durchführung von Bürgerversammlungen mit Vorstellung der Planung und
  anschließender Erörterung; 
- Unterrichtung durch Veröffentlichung im Amtsblatt oder Aushang und
  Gelegenheit zur Erörterung in der Behörde.

Verfahrensfehler
bei der vorgezogenen Bürgerbeteiligung sind unbeachtlich. Sie haben auf die Wirksamkeit des späteren Bebauungsplans keinen Einfluss.

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(4) Beteiligung der Träger öffentlicher Belange

Neben der verfahrensmäßigen Beteiligung der Bürger bei der Planaufstellung fordert das BauGB eine Beteiligung der sog. Träger öffentlicher Belange. Hierbei handelt es sich um Behörden und sonstige öffentliche Stellen, deren Aufgabenbereich durch die Planung berührt werden kann. So sind regelmäßig der Landkreis, das Gewerbeaufsichtsamt, Naturschutz-, Denkmalschutz- und Wasserschutzämter, das Straßenbauamt und die Nachbargemeinden zu beteiligen. Aus den Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange ergibt sich für die planende Gemeinde, welche öffentlichen Belange des jeweiligen Trägers dem Planungsvorhaben entgegenstehen könnten. Beteiligung bedeutet, dass den Trägern öffentlicher Belange Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist; nicht erforderlich ist, dass die Träger öffentlicher Belange der Planung zustimmen.

Ein unbeachtlicher Verfahrensfehler liegt dann vor, wenn einzelne Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt werden. Werden die Träger öffentlicher Belange dagegen überhaupt nicht beteiligt, liegt ein beachtlicher Verfahrensfehler vor, der innerhalb eines Jahres gerügt werden kann.

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(5) Auslegungsverfahren; Bürgerbeteiligung 2.Stufe

Nach Auswertung der im bisherigen Verfahren erkennbar gewordenen privaten und öffentlichen Belange beschließt die Gemeinde den Planentwurf. Hieran schließt sich das Auslegungsverfahren und damit die eigentliche Bürgerbeteiligung an. Der Planentwurf muss mit dem Erläuterungsbericht einen Monat lang öffentlich ausgelegt werden. Ziel des Auslegungsverfahren ist es, den von der Planung betroffenen Bürgern die Möglichkeit zu geben, sich über den Inhalt des Planentwurfs zu informieren, um danach die Entscheidung treffen zu können, ob und gegebenenfalls welche Anregungen und Einwände Sie erheben wollen. Die auszulegenden Unterlagen müssen vollständig, sichtbar, griffbereit und als zusammengehörig erkennbar ausgelegt werden. Öffentliche Zugänglichkeit ist nur dann gewährleistet, wenn jedermann leicht und ohne unzumutbare Schwierigkeiten in die Unterlagen Einblick nehmen kann. Die Auslegungsdauer beträgt einen Monat. Bei der Fristberechnung ist der erste Tag der Auslegung mit zu zählen. Ort unter Dauer der Auslegung sind mindestens einer Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen. Die Bekanntmachung muss neben Angaben über den Ort der Auslegung die Dauer der Auslegung einschließlich Beginn und Ende der Öffnungszeiten sowie den Hinweis enthalten, dass während des Auslegungszeitraums Anregungen vorgebracht werden können.

Fehler im Auslegungsverfahren sind beachtlich, wenn sie innerhalb Jahresfrist schriftlich gegenüber der Gemeinde geltend gemacht werden.

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(6) Prüfung der Anregungen

Die Gemeinde hat zu prüfen, ob die fristgemäß vorgebrachten Anregungen in dem Plan Berücksichtigung finden sollen. Das Ergebnis der Prüfung ist dem Einwender schriftlich mitzuteilen. In Massenverfahren (mehr als 50 Personen) kann die Mitteilung durch den Hinweis auf die Auslegung des Ergebnisses ersetzt werden. Will die Gemeinde die vorgebrachten Anregungen berücksichtigen, ist der Planentwurf entsprechend zu ändern. Anschließend muss der geänderte Planentwurf grundsätzlich neu ausgelegt werden. Die Gemeinde kann jedoch bestimmen, dass nunmehr Anregungen nur noch zu den geänderten oder ergänzten Teilen vorgebracht werden können. Die Auslegungsfrist kann bis auf zwei Wochen verkürzt werden. Greift die Gemeinde die Anregungen nicht auf und handelt es sich ausnahmsweise um einen genehmigungspflichtigen Bebauungsplan - dies ist nur dann der Fall, wenn der Bebauungsplan nicht aus einem Flächennutzungsplan entwickelt wurde - so hat die Gemeinde die nicht berücksichtigten Anregungen mit einer eigenen Stellungnahme und zusammen mit dem beschlossenen Bebauungsplan der höheren Verwaltungsbehörde vorzulegen.

Ein Verstoß gegen die Vorlagepflicht ist jedoch unbeachtlich und führt nicht zur Nichtigkeit des Bebauungsplans.

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(7) Satzungsbeschluss

Ist das Auslegungsverfahren einschließlich Prüfung der Anregungen abgeschlossen, wird der Bebauungsplan von der Gemeinde als Satzung beschlossen. Mit diesem Satzungsbeschluss findet das gemeindliche Planaufstellungsverfahren seinen vorläufigen Abschluss. Der Planentwurf wird zu einem Gemeindegesetz, dessen Wirksamkeit allerdings noch von der ggf. erforderlichen Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde, von der Ausfertigung sowie der Schlussbekanntmachung abhängig ist.

Das bei der Beschlussfassung zu beachtenden Verfahren richtet sich nach der Gemeindeordnung. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob Mitglieder der Gemeindevertretung an der Beschlussfassung mitwirken dürfen oder aber wegen einer Interessenkollision befangen und damit ausgeschlossen sind. Ein Ausschlussgrund liegt insbesondere dann vor, wenn ein Ratsmitglied im Geltungsbereich eines künftigen Bebauungsplans Grundbesitz hat.

Ein Satzungsbeschluss, bei dem eine befangenes Gemeinderatsmitglied mitgewirkt hat, ist grundsätzlich unwirksam. Dies gilt jedoch nur, wenn der Beschluss innerhalb von drei Monaten vom Bürgermeister ausgesetzt oder von der Aufsichtsbehörde beanstandet wird.

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(8) Genehmigungsverfahren

Ein Genehmigungsverfahren ist ausnahmsweise dann durchzuführen, wenn ein Bebauungsplan nicht aus einem wirksamen Flächennutzungsplan abgeleitet worden ist. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens prüft die höhere Verwaltungsbehörde den Bebauungsplan umfassend auf seine Rechtmäßigkeit. Ist der genehmigungspflichtige Bebauungsplan rechtlich einwandfrei, hat die höhere Verwaltungsbehörde die Genehmigung zu erteilen. Fragen der Zweckmäßigkeit spielen keine Rolle. So darf die Verwaltungsbehörde einen Bebauungsplan, der eine zulässige Lösung der Planungsaufgabe enthält, nicht deshalb ablehnen, weil sie einer anderen, ebenfalls zulässigen Lösung den Vorzug geben würde.

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(9) Ausfertigung und Schlussbekanntmachung

Der so weit fertig gestellte Bebauungsplan bedarf zu seiner Wirksamkeit nunmehr noch der Ausfertigung und Schlussbekanntmachung. Die Ausfertigung erfolgt durch den Bürgermeister, sie muss zeitlich nach dem Satzungsbeschluss, aber vor der Schlussbekanntmachung erfolgen. Anschließend ist der Bebauungsplan durch die Gemeinde ortsüblich bekannt zu machen. Durch diese Schlussbekanntmachung wird dem betroffenen Bürger deutlich gemacht, dass für sein Grundstück eine neue bodenrechtliche Regelung in Kraft getreten ist und dass er sich über deren Inhalt bei der auslegenden Stelle informieren kann.

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cc) Einfacher und qualifizierter Bebauungsplan

Ist ein wirksamer Bebauungsplan vorhanden, richtet sich die Zulässigkeit eines Bauvorhabens ganz oder teilweise danach, welche Regelungen dieser Bebauungsplan vorsieht. Handelt es sich um einen qualifizierten Bebauungsplan, ist das Bauvorhaben allein an ihm zu messen. Handelt es sich um einen einfachen Bebauungsplan, sind zusätzlich die Vorschriften des Baugesetzbuchs über die Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile bzw. über die Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich zu beachteten. Ein Bebauungsplan ist dann ein qualifizierter Bebauungsplan, wenn er Festsetzungen enthält über 

- die Art der baulichen Nutzung;
- das Maß der baulichen Nutzung;
- die überbaubaren Grundstücksflächen und - die öffentlichen Verkehrsflächen.

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dd) Sicherung und Verwirklichung der Bauleitplanung

Zur Sicherung und Verwirklichung der Bauleitplanung sowohl im Vorbereitungsstadium als auch nach ihrem Abschluss enthält das Baugesetzbuch verschiedene Plan sichernde Instrumente. Hierzu zählen:

- die Veränderungssperre;
- die Zurückstellung von Baugesuchen;
- die Teilungsgenehmigung und
- die gemeindlichen Vorkaufsrechte.

Die Veränderungssperre und die Zurückstellung von Baugesuchen stellen reine Sicherungsinstrumente für den Zeitraum der Planaufstellung dar. Zweck dieser Sicherungsmaßnahmen ist es, vorhandene planerische Ziele zu sichern und deren weitere Verwirklichung zu ermöglichen. Durch ihre Sperrwirkung unterbinden Sie für einen begrenzten Zeitraum Baumaßnahmen. Die Teilungsgenehmigung ermöglicht es der Gemeinde, unerwünschte Grundstücksteilungen zu verhindern. Die gemeindlichen Vorkaufsrechte dienen neben der Sicherung der Bauleitplanung auch bereits der Durchführung des Plans. Sie bieten der Gemeinde die Möglichkeit, Grundstücke ohne Enteignung zur Sicherung und Verwirklichung planerischer Entwicklungs- und Ordnungsziele zu erwerben.

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ee) Gerichtliche Kontrolle des Bebauungsplans

Die Rechtmäßigkeit eines Bebauungsplans kann inzident, etwa im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen eine Baugenehmigung, oder im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens überprüft werden. Im Normenkontrollverfahren wird der Bebauungsplan auf seine Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht geprüft, also insbesondere darauf, ob er in verfahrensrechtlicher und materieller Hinsicht im Einklang mit dem Baugesetzbuch steht. Darüber hinaus wird die Einhaltung landesrechtlicher Verfahrens- und Formvorschriften (z.B. die Ausschlussvorschriften der Gemeindeordnung) kontrolliert. Antragsbefugt ist jede natürliche und juristische Person, die geltend machen kann, durch den Bebauungsplan in ihren Rechten verletzt zu sein. Der Antrag ist innerhalb einer Frist von zwei Jahren seit Bekanntmachung des Bebauungsplans zu stellen. Zuständiges Gericht ist das Oberverwaltungsgericht. Der Antragsteller muss durch einen Rechtsanwalt vertreten sein (Anwaltszwang).

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c) Vorhaben innerhalb bebauter Ortsteile (Innenbereich)

Existiert kein Bebauungsplan, befindet sich ein Vorhaben aber innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, richtet sich seine bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach § 34 Baugesetzbuch (BauGB). Danach ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Außerdem müssen die Anforderungen an gesunde Wohn -und Arbeitsverhältnisse gewahrt werden, und es darf das Ortsbild nicht beeinträchtigt werden. Ein Vorhaben fügt sich dann ein, wenn es seiner Umgebung entspricht. Erforderlich ist jedoch keine strikte Einheitlichkeit, sondern bodenrechtliche Harmonie. Ein Vorhaben fügt sich deshalb dann nicht ein, wenn es im Verhältnis zu seiner Umgebung bodenrechtlich beachtliche Spannungen begründet oder erhöht. Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung des Baugrundstücks einem der Baugebietstypen der Baunutzungsverordnung (BauNVO), so beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens vereinfacht danach, ob es nach der BauNVO in dem Baugebiet zulässig wäre.

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d) Vorhaben im Außenbereich

Zum Außenbereich zählen sämtliche Flächen, die weder im räumlichen Geltungsbereich eines Bebauungsplans noch innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile liegen. Nach der Konzeption des Baugesetzbuchs soll der Außenbereich von Bebauung freigehalten werden, so weit diese nicht ihrem Wesen nach in den Außenbereich gehört. Der Gesetzgeber differenziert hierbei zwischen privilegierten, sonstigen und begünstigten Vorhaben. § 35 Abs. 1 Baugesetzbuch zählt eine Reihe von Vorhaben auf, die typischerweise in den Außenbereich gehören und deshalb dort privilegiert sind. Stehen öffentliche Belange nicht entgegen und ist eine ausreichende Erschließung gesichert, so sind im Außenbereich z. B. land- und forstwirtschaftlichen Betriebe, Gartenbaubetriebe, öffentliche Versorgungsunternehmen und Windenergieanlagen zulässig. Sonstige Vorhaben können im Einzelfall nach § 35 Abs. 2 BauGB zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist. Eine Beeinträchtigung öffentliche Belange und damit eine Unzulässigkeit des Vorhabens liegt insbesondere dann vor, wenn das Vorhaben dem Flächennutzungsplan widerspricht, schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt. Unter dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes werden in § 35 Abs. 4 BauGB weiterhin Vorhaben begünstigt, die der Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes unter wesentlicher Erhaltung der bisherigen Bausubstanz dienen. Auch eine Neuerrichtung eines Wohngebäudes ist unter der Voraussetzung zulässig, dass das vorhandene Gebäude zulässigerweise errichtet worden ist, Missstände oder Mängel aufweist, vom Eigentümer selbst genutzt wird und der Neubau dem Eigenbedarf des Eigentümers dient.

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3. Bauordnungsrecht

a) Allgemeines

Neben dem Bauplanungsrecht hat der Bauherr das Bauordnungsrecht zu beachten. Das Bauordnungsrecht ist als Landesrecht im Wesentlichen in den Landesbauordnungen geregelt. Im Folgenden wird beispielhaft auf die Landesbauordnung von Rheinland-Pfalz verwiesen. Das Bauordnungsrecht enthält materielle und verfahrensrechtliche Regelungen. Vorschriften des materiellen Bauordnungsrechts enthalten Anforderungen an das einzelne Baugrundstück sowie an die Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und den Abbruch baulicher Anlagen unter ordnungsrechtlichen Gesichtspunkten. Die Regelungen bezwecken die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, dienen also der Abwehr von Gefahren, die sich im Zusammenhang mit Baumaßnahmen ergeben oder typischerweise von Bauwerken ausgehen. Im verfahrensrechtlichen Teil des Bauordnungsrecht sind Regelungen enthalten, die die Bauaufsichtsbehörde in die Lage versetzen, die Einhaltung der bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Vorschriften zu überwachen. Hierzu zählen in erster Linie die Vorschriften über das Baugenehmigungsverfahren sowie die bauordnungsrechtlichen Eingriffsermächtigungen.

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b) Materielle Regelungen

Die Landesbauordnungen enthalten eine Vielzahl von materiellen Vorschriften, die aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Anforderungen an das Grundstück und seine Bebauung normieren. Darüber hinaus finden sich im materiellen Bauordnungsrecht Vorschriften, die der Vermeidung von Verunstaltungen dienen. Schließlich enthalten die Landesbauordnungen Regelungen, die soziale und ökologische Standards festlegen. Praktisch bedeutsam sind in diesem Zusammenhang u. a. Regelungen über Abstandsflächen (§§ 8,9 LBauO), Stellplätze und Garagen (§ 47 LBauO), Gestaltungsvorschriften (§§ 5 LBauO) und Vorschriften über die Berücksichtigung sozialer und ökologischer Belange (§ 4 LBauO).

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c) Verfahrensrecht

Neben dem materiellen Bauordnungsrecht enthalten die Landesbauordnungen verfahrensrechtliche Regelungen. Sie sehen vor allem ein Baugenehmigungsverfahren zur präventiven Kontrolle bestimmter Bauvorhaben, daneben ein Baufreistellung- bzw. Anzeigeverfahren für Wohnbauvorhaben vor. Weiterhin räumen sie der Bauaufsichtsbehörde Eingriffsbefugnisse gegen baurechtswidrige Zustände ein.

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aa) Baugenehmigung

(1) Wann ist eine Baugenehmigung erforderlich ?

Die Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und der Abbruch einer baulichen Anlage sind nach den Landesbauordnungen grundsätzlich genehmigungspflichtig (§ 61 LBauO), es sei denn, es handelt sich um ein genehmigungsfreies Vorhaben. Genehmigungsfrei sind baulicher Anlagen von geringen Abmessungen und geringem Gefährdungspotenzial (z. B. Gebäude bis zu 50 qm ohne Aufenthaltsräume- im Außenbereich bis zu 10 qm-, Toiletten und Feuerstätten, Gartenlauben in Dauerkleingärten, Gewächshäuser für den Erwerbsgartenbau bis zu 5 m Firsthöhe, Parabolantennen, so weit sie sich nicht an oder in der Nähe von Kulturdenkmälern befinden). Sie sind in § 62 LBauO im Einzelnen aufgeführt. Ist eine Genehmigung erforderlich, findet entweder ein ordentliches oder ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren statt. Im vereinfachten Genehmigungsverfahren gem. § 66 LBauO sind z. B. Wohngebäudes der Gebäudeklassen 1-3 und landwirtschaftliche Betriebsgebäude mit nicht mehr als zwei Geschossen grundsätzlich innerhalb eines Monats zu genehmigen. Erfolgt die Genehmigung nicht innerhalb dieser Frist, gilt sie als erteilt. Befinden sich Bauvorhaben, auf die das vereinfachten Genehmigungsverfahren Anwendung findet, in Geltungsbereich eines Bebauungsplans, ist keine Genehmigung, sondern lediglich ein Freistellungsverfahren erforderlich (§ 67 LBauO). Hiernach darf mit einem entsprechenden Bauvorhaben grundsätzlich einen Monat nach Vorlage der erforderlichen Bauunterlagen bei der Gemeindeverwaltung begonnen werden, falls nicht die Gemeinde erklärt, dass ein Genehmigungsverfahren durchgeführt werden soll.

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(2) Baugenehmigungsverfahren

Für ein genehmigungspflichtiges Vorhaben benötigt der Bauherr eine Baugenehmigung. Diese ist bei der Gemeinde- bzw. Verbandsgemeindeverwaltung zu beantragen. Mit dem Antrag sind alle für die Beurteilung des Vorhabens erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen. Üblicherweise handelt es sich hierbei um einen Übersichtsplan, Lageplan, Bauzeichnungen, Baubeschreibung, bautechnische Nachweise und Berechnungen des umbauten Raums. Der Bauantrag ist vom Bauherrn und vom Entwurfsverfasser (z.B. Architekt, Bauingenieur), die Bauvorlagen sind nur vom Entwurfsverfasser zu unterzeichnen. Die Gemeindeverwaltung leitet den Bauantrag mit einer eigenen Stellungnahme an die Bauaufsichtsbehörde (Stadt- bzw. Kreisverwaltung) weiter. Nach dem BauGB hat die Bauaufsichtsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde zu entscheiden. Ist ein Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig, hat die Gemeinde ihr Einvernehmen zu erklären; Ermessen steht ihr nicht zu. Eine Verweigerung des Einvernehmens aus bauordnungsrechtlichen oder sonstigen Gründen ist unzulässig. Reagiert die Gemeinde innerhalb von zwei Monaten nicht, gilt das Einvernehmen als erteilt. Soll bei der Durchführung des Vorhabens von gesetzlichen Bestimmungen, die auch dem Schutz nachbarlicher Interessen dienen, abgewichen werden, so hat der Bauherr die Zustimmung der Nachbarn (Eigentümer der angrenzenden Grundstücke) einzuholen. Wird sie nicht erteilt und beabsichtigt die Bauaufsichtsbehörde, Abweichungen zuzulassen, hat sie dies den Nachbarn mitzuteilen, Akteneinsicht zu gewähren und ggf. Einwendungen der Nachbarn entgegenzunehmen. Stehen dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegen, ist die Baugenehmigung zu erteilen. Ist ein Bauantrag eingereicht, kann der Beginn der Bauarbeiten für die Baugrube und für einzelne Teile oder Bauabschnitte eines Vorhabens (z.B. Gründung, Untergeschoss, Rohbau) auf schriftlichen Antrag bereits vor Erteilung der abschließenden Baugenehmigung im Wege der Teilbaugenehmigung genehmigt werden.

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bb) Bauvoranfrage

Vor Stellung eines Bauantrags kann der Bauherr zur Klärung einzelner Fragen des Vorhabens einen Bauvorbescheid beantragen. Der Bauvorbescheid kann zu Fragen des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts sowie zu sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingeholt werden. Der Bauvorbescheid gilt längstens zwei Jahre. Mit Erlass des Bauvorbescheids entfaltet dieser seine Bindungswirkung, d.h. im Rahmen eines nachfolgenden Baugenehmigungsverfahrens ist die Genehmigungsbehörde an den Bauvorbescheid gebunden. Dies gilt selbst dann, wenn sich zwischenzeitlich die Rechtslage geändert haben sollte. Allerdings hat die Genehmigungsbehörde in diesem Fall die Möglichkeit des Widerrufs nach VwVfG; dem Bauherrn steht dann ein Ausgleichsanspruch zu.

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cc) Repressive Eingriffsbefugnisse

Verstößt eine bauliche Anlage gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, stehen der Bauaufsichtsbehörde folgende Eingriffsmöglichkeiten zur Verfügung, um repressiv hiergegen vorzugehen :

- Baueinstellung,
- Benutzungsuntersagung,
- Beseitigungsanordnung und
- Abbruch verfallender baulicher Anlagen

4. Baurechtlicher Nachbarschutz

a) Allgemeines

Bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen entstehen Rechtsbeziehungen nicht nur zwischen dem Bauherrn und der Genehmigungsbehörde, sondern auch zu den Grundstücksnachbarn. Diese Rechtsbeziehungen können sowohl zivilrechtlicher als auch öffentlich-rechtlicher Art sein. Zivilrechtlich sind diese Rechtsbeziehungen sowohl im Bürgerlichen Gesetzbuch als auch in den Nachbarrechtsgesetzen der Länder geregelt. Dort finden sich z. B. Vorschriften für den Fall eines drohenden Gebäudeeinsturzes, eines Überbaus, Regelungen zur Nachbar- und Grenzwand, zum Hochführen von Schornsteinen, Lüftungsschächten und Antennenanlagen, zum Fenster- und Lichtrecht sowie zum Ableiten von Niederschlagswasser. Auf der Ebene des Zivilrechts haben sich die Nachbarn unmittelbar miteinander auseinander zu setzen. Rechtsstreitigkeiten werden vor den Zivilgerichten ausgetragen. Im öffentlich-rechtlichen Baurecht entstehen Problemstellungen des Nachbarrechts immer dann, wenn Nachbarn Abwehrrechte gegen Baugenehmigungen für angrenzende Grundstücke geltend machen oder ein Einschreiten zur Beseitigung eines baurechtswidrigen Zustands herbeiführen wollen. Auf der Ebene des öffentlichen Baurechts werden Konflikte im Verhältnis zur Baugenehmigungsbehörde ausgetragen und gerichtlich von den Verwaltungsgerichten entschieden. Der Nachbar hat einen Anspruch gegen die Baugenehmigungsbehörde auf Versagung einer beantragten Baugenehmigung des Bauherrn bzw. auf Einschreiten zur Beseitigung eines baurechtswidrigen Zustands, wenn Vorschriften, die auch seinem Schutz dienen, verletzt werden. Kernfrage des öffentlich-rechtlichen Baunachbarrecht ist dementsprechend, welche Vorschriften des materiellen Baurechts nachbarschützend sind.

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b) Nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts

Im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans sind alle Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung nachbarschützend. Nachbarn können sich daher grundsätzlich gegen die Genehmigung von Vorhaben wenden, die nach der Art der baulichen Nutzung in dem jeweiligen Baugebiet nicht zulässig sind. Dies gilt unabhängig davon, ob das baurechtswidrige Vorhaben im Einzelfall zu einer tatsächlichen Beeinträchtigung eines Nachbarn führt. Demgegenüber begründen Festsetzungen im Bebauungsplan über das Maß der baulichen Nutzung (Grundstücksflächen-, Geschossflächen- und Baumassenzahlen) nur in besonderen Ausnahmefällen Nachbarschutz. Unter engen Voraussetzungen können dem Nachbarn auch Abwehransprüche gegen solche Vorhaben zustehen, die den Festsetzungen des Bebauungsplans entsprechen und daher an sich zulässig sind. In diesen Fällen kann sich der Nachbarschutz aus dem in § 15 Abs. 1 BauNVO verankerten Gebot der Rücksichtnahme ergeben. Existiert kein Bebauungsplan, befindet sich ein Vorhaben aber innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (Innenbereich), richtet sich seine bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach § 34 BauGB. Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist ein Vorhaben dann zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Diese Vorschrift entfaltet im Einzelfall nur dann nachbarschützende Wirkung, wenn ein Vorhaben zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung führt. Kleinere Abweichungen von der in der Umgebung vorhandenen Bebauung müssen dagegen hingenommen werden. Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung des Baugrundstücks dagegen einem der Baugebietstypen der BauNVO, so begründet eine Abweichung von der Art der baulichen Nutzung nachbarschützende Wirkung. Auch die die Bebauung im Außenbereich regelnde Vorschrift des § 35 BauGB entfaltet grundsätzlich keine nachbarschützende Wirkung. Ausnahmen ergeben sich über das Gebot der Rücksichtnahme aber u. U. dann, wenn sich ein Bauvorhaben in besonders rücksichtsloser Weise über die Belange des Nachbarn hinwegsetzt oder ein bestehendes privilegiertes Vorhaben durch die Zulassung eines anderen privilegierten oder nicht-privilegierten Vorhabens gefährdet wird.

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c) Nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts

Die bauordnungsrechtlichen Vorschriften über Abstandsflächen (§ 8 LBauO) sind grundsätzlich nachbarschützend, da ihr Zweck auch darin besteht, die Belichtung des Nachbargrundstücks und das notwendige Maß an Wohnruhe zu gewährleisten. Dagegen werden Stellplatzvorschriften nur dann als nachbarschützend anerkannt, wenn in den Landesbauordnungen zusätzlich vorgeschrieben wird, dass von Stellplätzen keine erhebliche Belästigung der Nachbarschaft ausgehen darf.

d) Rechtsschutzmöglichkeiten des Nachbarn


aa) Allgemeines

Bauvorhaben, die gegen nachbarschützende Vorschriften verstoßen, müssen vom Nachbarn nicht hingenommen werden. Sie können vielmehr- notfalls auch unter Inanspruchnahme der Verwaltungsgerichte- abgewehrt werden. Rechtsschutz benötigt der Nachbar hauptsächlich in folgenden Fallkonstellationen:

- bei der Abwehr von behördlichen Genehmigungen, die einem Dritten die
 
Verwirklichung eines Bauvorhabens ermöglichen;

- bei der Geltendmachung eines Anspruchs gegenüber der Verwaltungsbehörde
 
auf Einschreiten gegen einen Dritten zur Beseitigung eines baurechtswidrigen
  Zustands (z. B. Schwarzbau).

Zur Durchsetzung seines Abwehrrecht stehen ihm in Widerspruch und verwaltungsgerichtliche Klage sowie die Möglichkeiten des vorläufigen Rechtsschutzes zur Verfügung.

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bb) Rechtsschutz gegen Baugenehmigungen

Will ein Nachbar verhindern, dass der Bauherr eine Baugenehmigung ausnutzt und ein genehmigtes Vorhaben verwirklicht, muss er sich gegen die Baugenehmigung zur Wehr setzen. Zur Durchsetzung seines Abwehrrecht stehen ihm in Widerspruch und Anfechtungsklage zur Verfügung. Ist dem Nachbarn eine Baugenehmigung zugestellt worden, muss er innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen. Nach Zustellung eines Widerspruchsbescheids muss innerhalb eines weiteren Monats Anfechtungsklage erhoben werden. Anderenfalls würde die Baugenehmigung bestandskräftig. Ist dem Nachbarn die Baugenehmigung nicht zugestellt worden, beginnt keine Frist zu laufen. Erlangt er allerdings auf andere Weise Kenntnis von der Baugenehmigung, kann das Widerspruchs- und Klagerecht durch untätiges Zuwarten verwirkt werden.

Widerspruch und Anfechtungsklage des Nachbarn haben dann Erfolg, wenn die Baugenehmigung rechtswidrig ist und der Nachbarn hierdurch in seinen Rechten verletzt wird.

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cc) Rechtsschutz gegen Genehmigungen im vereinfachten Verfahren

Das vereinfachte Genehmigungsverfahren ist durch einen reduzierten Prüfungsumfang gekennzeichnet. Baugenehmigungen, die in diesem Verfahren erteilt werden, weisen daher- im Unterschied zu ordentlichen Baugenehmigungen- einen reduzierten Regelungsgehalt auf. Wendet sich ein Nachbar gegen ein im vereinfachten Verfahren genehmigtes Vorhaben, so sind folgende Besonderheiten zu beachten:

- Soweit die Genehmigung gegen nachbarschützende Vorschriften verstößt,
  die von der Baugenehmigungsbehörde zu prüfen waren, kann sich der Nachbar
  mit Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Genehmigung wehren.

- Verstößt das Vorhaben gegen nachbarschützende Vorschriften,
  die auf Grund des reduzierten Prüfungsumfangs im vereinfachten
  Genehmigungsverfahren nicht zu prüfen waren, kommt eine Anfechtungsklage
  nicht in Betracht, da der Baugenehmigung insofern keine Genehmigungswirkung
  zukommt. Dem Nachbarn verbleibt nur die Möglichkeit, die Bauaufsichtsbehörde
  zum Einschreiten mit bauaufsichtlichen Mitteln aufzufordern. Lehnt die Behörde
  ein Einschreiten ab, muss der Nachbar nach Durchführung des
  Widerspruchsverfahrens Verpflichtungsklage erheben.

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dd) Rechtsschutz gegen freigestellte Vorhaben

Freigestellte Vorhaben hat der Bauherr der Gemeinde bzw. der Baugenehmigungsbehörde lediglich anzuzeigen; nach Ablauf eines Monats darf er mit der Ausführung des Vorhabens beginnen. Eine Baugenehmigung, gegen die der Nachbar Widerspruch und Anfechtungsklage erheben könnte, gibt es nicht. Deshalb kann der Nachbar öffentlich-rechtlichen Rechtsschutz nur in der Form erlangen, dass die Bauaufsichtsbehörde selbst gegen das Vorhaben einschreitet. Der Nachbar muss deshalb den Erlass eines Verwaltungsaktes beantragen. Anspruchsgrundlage für ein Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde ist die behördliche Ermächtigungsgrundlage für Maßnahmen bei Verstoß gegen baurechtliche Vorschriften. Voraussetzung für einen nachbarlichen Anspruch auf Einschreiten ist, dass das Vorhaben gegen nachbarschützende Vorschriften verstößt. Liegt diese Voraussetzung vor, steht die Entscheidung über ein bauaufsichtliches Einschreiten im Ermessen der Behörde. Der Nachbar hat grundsätzlich nur ein subjektives Recht darauf, dass die Bauaufsichtsbehörde ihr Ermessen fehlerfrei ausübt.

 

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ee) Rechtsschutz gegen Schwarzbauten

In gleicher Weise wie bei freigestellten Vorhaben muss der Nachbar ein Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde herbeiführen, wenn er gegen ein genehmigungspflichtiges Vorhaben, das ohne erforderliche Baugenehmigung errichtet wurde (Schwarzbau) oder gegen ein genehmigungsfreies, aber materiell baurechtswidriges Vorhaben vorgehen möchte. Ein Einschreiten steht auch hier im Ermessen der Behörde, so dass der Nachbar grundsätzlich nur einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung hat.

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ff ) Vorläufiger Rechtsschutz

Da Rechtsbehelfe gegen Baugenehmigungen regelmäßig keine aufschiebende Wirkung entfalten und auch in anderen Fällen , in denen keine förmliche Genehmigung erforderlich ist oder vorliegt (freigestellte Vorhaben, Schwarzbauten) häufig ein Interesse daran besteht, die weitere Verfestigung eines baurechtswidrigen Zustands rasch zu verhindern, kommt dem vorläufigen Rechtsschutz im Baurecht eine besondere Bedeutung zu.

Ist eine Baugenehmigung erteilt worden, kann der Nachbar bei der Behörde bzw. beim Verwaltungsgericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs beantragen. Diese Anordnung erfordert ein Sicherungsbedürfnis des Nachbarn und kommt grundsätzlich nur in Betracht, solange die vom Nachbarn befürchtete Beeinträchtigung noch nicht eingetreten ist bzw. ohne Vorwegnahme der Hauptsache noch verhindert werden kann. Das Sicherungsbedürfnis besteht daher grundsätzlich nur bis zur Fertigstellung des Rohbaus. Nach Fertigstellung des Rohbaus kann dem Nachbarn nur dann noch vorläufiger Rechtsschutz gewährt werden, wenn auch die Nutzung des Baues gegen nachbarschützende Vorschriften verstößt.

Ist keine förmliche Baugenehmigung erforderlich oder liegt eine solche nicht vor, muss der Nachbar den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO beim Verwaltungsgerichts beantragen.

 

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Stand : 1. Januar 2002

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